Unsere philosophische Sozialisation erlebten wir in den 70ern des letzten Jahrhunderts. Es ging vielen Menschen in Schulen und Universitäten vor allem um das Zusammenarbeiten, gemeinsam etwas zu entwickeln, ohne Hierarchien. Wichtig war das Experimentieren und das Learning by doing. Die amerikanische Graswurzelbewegung spielte eine grosse Rolle. Massgebende Theorien über Beziehungen kamen aus der Palo-Alto-Gruppe. All das hat uns geprägt.
Vieles davon bildet auch weiterhin den Hintergrund unserer Vorstellung von gutem Unterrichten. Paul Watzlawiks kluge Beobachtungen und Ausarbeitungen bleiben für uns stets wegweisend. Aber auch Leo Tolstoj mit seiner wunderbaren Schule von Jasnaja Poljana und Peter Kropotkin als Vordenker mit seinen Forschungen über die gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt haben uns inspiriert und darin bestärkt, gemeinsames kooperatives Lernen an erste Stelle zu setzen. Und als Unterrichtende verstehen wir uns immer auch als Lernende.
Wir, Karin und Georg, beide Gesellschafter der Akademie, haben unsere beruflichen Erfahrungen zunächst im Handwerk gemacht, waren dann in der Berufsbildung tätig und kamen Schritt für Schritt zur therapeutischen Tätigkeit. Dieser Werdegang spiegelt sich nun auch im Ausbildungskonzept wieder:
Aus dem Handwerk haben wir gelernt, Theorie stets für das Tun, für die Praxis, und nicht als Selbstzweck zu unterrichten.
Aufgrund unserer Erfahrungen in der Erwachsenenbildung streben wir an, möglichst frühzeitig symmetrische Beziehungen zwischen DozentInnen und StudentInnen herzustellen. Wir stehen beim Lernen und Lehren einem „Guru-tum“ ausgesprochen skeptisch gegenüber.
Durch den frühen und intensiven Kontakt mit der Kinesiologie nicht nur als Therapie, sondern auch als Lernförderung haben wir Lernen und Lehren schon sehr früh mit den Erkenntnissen der Neurophysiologie hinterfragt und verknüpft.
Wir verstehen unsere Akademie seit Anbeginn eher als eine Einrichtung für die Berufs- denn für die Weiterbildung. In Berufsausbildungen gibt es häufig feste Vorstellungen auch über die Methodik mit festen Vorgaben. Wir versuchen eher unseren StudentInnen so oft wie möglich ein Lernen en passant zu ermöglichen.
Dafür spielt das Umgebungs-Setting eine grosse Rolle. Wir haben aus Überzeugung immer schon auf eine schöne Atmosphäre und Umgebung geachtet. Auch unser neuer Standort spiegelt diese Überzeugung wieder.
Das Zeit- und Inhaltssetting: Aus vielfältigen Erfahrungen sind wir Befürworter des Projektunterrichtes. Über mehrere Tage in den Lernstoff „eintauchen“ und ihn wirklich durchdringen, das geht am besten, wenn man dafür Zeit hat. So haben wir Unterrichtseinheiten von zwei bis hin zu zehn Tagen für einen Themenkomplex.
Beispielsweise fassen wir in den zweieinhalbtägigen Kursen der medizinischen Grundlagen Themen zusammen und bearbeiten sie auf allen Ebenen. Im Rahmen einer Heilpraktiker-Ausbildung ist die Zeit recht kurz, so dass uns eine Miniaturisierung einer universitären Ausbildung (...erst die Zelle, dann das Gewebe, dann die Organe usw....) ungeeignet erscheint. Als LernendeR kann man sich viel besser auf den Stoff einlassen, wenn alle Ebenen – von der Biochemie bis zur Klinik – (und natürlich mit einer praxisbezogenen Auswahl des Stoffes) an einem Stück erlernt werden können.
In den therapeutisch-praktischen Kursen bestehen durch die bis zu zehntägige Dauer ein förderliches Setting und eine höhere Wahrscheinlichkeit, das Gelernte nachhaltig zu verankern. Ein Lernen abseits vom üblichen Alltag wirkt sich erfahrungsgemäss sehr positiv aus.
Das Lern-Setting: In der Erwachsenenbildung wird häufig ein effektives Zeit-Management gefordert. Und das steht eigentlich im Widerspruch zum Lern-Spass. Da hilft nur eins: nämlich die Kenntnisse der Neurophysiologie nutzen und die verschiedenen Arten des Lernens sinnvoll einsetzen - z.B. das Lernen „emotionalisieren“, indem man seine bevorzugten Sinnessysteme und seinen Lernstiltyp kennt und benutzt. So lassen wir auch immer wieder die Frage nach dem „Wie“ des Lernens in den Unterricht einfliessen.
Seit über zehn Jahren ist unser Bildungsangebot modular aufgebaut. Das hat den Vorteil, dass Bildungsleistungen, die schon anderweitig erbracht worden sind, angerechnet werden können. Wir planen jeden Lernplan mit den einzelnen StudentInnen persönlich und passen dadurch ihre Ausbildung im Rahmen der Vorgaben ihren Bedürfnissen und Anliegen an.
Vermittlung von Wissen im theoretischen Unterricht
Begriffe, Konzepte und Theorien, die für die Lernenden neu sind, werden beispielsweise in den schulmedizinischen Kursen zuerst in Form von Lehrvorträgen, Initiativreferaten und Lehrgesprächen vermittelt. Um den Unterricht interessant zu gestalten, gibt es verschiedene Hilfsmittel: Den Lernstoff in Geschichten einbinden, bildliche und grafische Darstellungen am interaktiven Whiteboard, Moderationskarten, Wandtafel, Flipchart.
Sind die Grundlagen vermittelt, geht es darum, die Ressourcen zu verankern. Das geschieht gemeinsam z.B. mit dem Gruppenpuzzle: Der Lernstoff wird aufgeteilt, in Kleingruppen wird jeweils ein Thema erarbeitet. Dafür dienen Lehrbücher und Unterrichtsmanuale, seit einiger Zeit surfen die StudentInnen dabei auch mehr oder weniger intensiv im Internet. Danach geht jeder in eine Erzählgruppe, die sich aus jeweils einem Vertreter aus den vorherigen Themengruppen zusammensetzen. So vermitteln die StudentInnen sich gegenseitig ihren selbst erarbeiteten Stoff und Lernen findet so durch Lehren statt. Im anschliessenden Plenum werden noch offene Fragen mit der DozentIn und untereinander diskutiert.
Vermittlung von Fertigkeiten im Methodenunterricht
Begriffe, Konzepte und Theorie werden von der DozentIn in Form von Frontalunterricht vorgestellt. Als Hilfsmittel reichen meist Moderationskarten aus. Die Lernenden haben ein ausführliches Unterrichtsmanual, so dass sie nicht viel mitschreiben müssen. Die DozentIn demonstriert anschliessend an einer der StudentInnen den methodenspezifischen Teil, beispielsweise die Muskeltests von drei Muskeln in jeweils 14 Test-Positionen. Dabei achtet sie darauf, möglichst viele Sinne anzusprechen, zumindest das Sehen, Hören und Fühlen, sowohl in ihrer Wortwahl (hört mal, schaut hin, spürt mal, wenn ihr euren Arm selber bewegt usw.) wie auch beim Tun, indem sie die Bewegungen zeigt und auf die Bilder im Kursmanual verweist. Danach üben die Teilnehmer die Muskeltests in Zweier- oder Dreier-Gruppen.
Auf Individuen eingehen
Lerntempo: Die einen lernen schneller, die anderen langsamer. Das ist völlig normal, und deshalb richten wir unseren Unterricht so ein, dass auch LangsamlernerInnen mitgenommen werden. Wir sorgen dafür, dass alle voneinander profitieren und sich gegenseitig unterstützen. Oft, übrigens, stellt ein/e LangsameR eine Frage, die ein/e SchnelleR gar nicht bedacht hat – und die ihr ein Aha-Erlebnis bringt.
Fragen: Die Fragen der StudentInnen – sie sind uns wichtig. Natürlich dürfen die StudentInnen sehr gerne nach Wiederholungen fragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben. Und ebenfalls dürfen sie die Richtung des Unterrichts durch ihre Fragen lenken. Schliesslich geht es nicht darum, ein Programm abzuspulen, sondern es geht darum, gut auszubilden. Auf die Bedürfnisse und Fragen der StudentInnen einzugehen, ist der beste Weg dazu.
Aufbau von Ausbildungen, modulares System
Wir können heute die jahrzehntelange Erfahrung vieler Schulen, Bildungsanbieter, sowie der TheoretikerInnen und PraktikerInnen der Lernlehre nutzen. Gerade in den letzten zwanzig Jahren hat es einen deutlichen Wandel in der Gestaltung von Ausbildungen und Unterricht gegeben. Heute steht die Ausgangsleistung im Vordergrund und man denkt Ausbildungen vom Ende her. Das ist ausgesprochen spannend, vor allem für Kinesiologie-geprägte Menschen – wissen sie doch, dass es sich mit einer Zielvorstellung leichter voranschreiten lässt.
Einige wesentliche Elemente für die Unterrichtsentwicklung spielen an unserer Akademie eine wichtige Rolle:
Die „Wendeltreppe“: Kurse können als Themenringe angelegt sein, die wie Stockwerke übereinander liegen. Auf der ersten Etage kann man mit jedem Kurs beginnen. In einem nächsten Zyklus steigt man höher - und kommt dabei über den gleichen Grundriss der Themen, nun aber mit einem erweiterten Ausblick.
Die offenen Enden: Jeder Kurs hat selbstverständlich offene Enden zu anderen Kursen. Wenn sie im Unterricht deutlich benannt werden und immer eine inhaltliche Brücke zu den anderen Kursen gebaut wird, spielt es keine Rolle mehr, von welcher Seite der Brücke man hinüber geht. Spätestens beim Besuch des anderen Kurses kann man hin- und herwandern.
Das Überwinden des DozentInnen-Dilemmas: Begeisterte DozentInnen wollen für die langjährige Praxis unterrichten. Doch es gibt auch Kurzfristiges und StudentInnen fragen schon früh nach: Was brauche ich für die Prüfung? Unser Ausweg aus diesem Dilemma: wir bezeichnen im Unterricht immer: Das braucht es für die Prüfung. Das braucht es für die Praxis. Das ist Nice-to-have. Das braucht es für das Verständnis etc. Dann ist der Blick nicht mehr so sehr auf die Prüfungen fixiert, sondern auf die Freude an den Ressourcen und den späteren Kompetenzen.
Die Akzeptanz der Blackbox: DozentInnen und StudentInnen verbringen z.B. sechs Unterrichtsstunden miteinander: 21.600 Sekunden. Wie viele davon verbringen wir mit unseren eigenen Gedanken? Sicherlich den Löwenanteil. Weiterhin: Wir erleben 94,5 Millionen Sekunden während einer dreijährigen Ausbildung: Also, wir haben wohl ausgesprochen wenig Einfluss auf das Denken der anderen - und dennoch: Wie oft haben wir den Eindruck gegenseitigen Verständnisses! Aber ob und welche Verknüpfungen eine StudentIn macht, ist letztendlich nicht wirklich planbar. Dennoch sind sie in jedem Falle unvermeidbar. Insofern ist ein modularer Ausbildungsaufbau nicht besser oder schlechter, als ein linearer Aufbau. Es ist eher eine Frage der Vorliebe.
Zum Schluss das Wesentliche: Bei der Entwicklung von Bildungsangeboten und individuellen Lernplänen gründlich überlegen und schonend mit der Zeit von Lernenden und Lehrenden umgehen.
Das alles begeistert uns und treibt uns an!
Ihre Karin Friedrich, Ihr Georg Weitzsch
Inhaber und Geschäftsführer